Gedanken eines kritischen Katholiken zur »Priesterinnenweihe« am 29. Juni 2002

Von | 1. Juni 2002

Für den 29. Juni 2002 haben einige römisch-katholische Frauen, hauptsächlich aus dem deutschsprachigen Raum, angekündigt, sich zu »Priesterinnen« weihen zu lassen. Bei aller berechtigten Kritik an der konkreten Aktion der Weihekandidatinnen bleibt für mich der »Schwarze Peter« bei der römisch-katholischen Kirchenleitung: Der eigentliche Skandal liegt in der Weigerung, die vielfach und über Jahrhunderte bezeugten Berufungen von Frauen zu Priesterinnen anzuerkennen! Die amtskirchliche Argumentationsschwäche zeigt sich nicht zuletzt daran, dass vor allem betont wird, eine Weihe von Frauen sei »nach Kirchenrecht unerlaubt«.

Was die angebliche »Treue zur Tradition« oder gar die »Rücksichtnahme auf die Schwesterkirchen« angeht, ist Rom sonst nicht so zimperlich. Auch die fragwürdigen Auswahlkriterien für Priesteramtskandidaten (Treueeid, Totalgehorsam, häufig Vernachlässigung pastoraler und spiritueller Charismen) oder der unwürdige Umgang mit Bischofsweihen (Titularbischöfe, »absolute Weihen« statt Verbindung zur Diözese, Ernennungen ohne Rücksicht auf Ortskirche oder gar zur Disziplinierung ortskirchlicher Selbständigkeit) sind nicht vergessen.

Die Forderung, die Frauenordination auch in der römisch-katholischen Kirche einzuführen, findet nicht nur meine klandestine Sympathie, ich setze mich seit Jahren auch öffentlich dafür ein (ob es »zu wenig« ist, trotz »päpstlichen Diskussionsverbotes« z. B. Veranstaltungen mit zum Priesteramt berufenen römisch-katholischen Frauen oder alt-katholischen Priesterinnen im offiziellen Programm der Katholischen Erwachsenenbildung meiner Region durchzuführen oder mit dem Jugendchor meiner römisch-katholischen Pfarrgemeinde Eucharistiefeiern musikalisch mitzugestalten, denen eine alt-katholische Priesterin vorsteht, mögen andere beurteilen).

Allerdings bleiben für viele kritische ChristInnen in der konkreten Situation der für den 29.6.2002 geplanten »Priesterinnenweihe« zu viele Bedenken, als dass ich diesen Weg unterstützen kann:

  • Warum legen die zukünftigen »Priesterinnen« in ihren Stellungnahmen soviel Wert auf eine »einwandfreie apostolische Sukzession«? Was bedeutet denn »apostolische Nachfolge« für Menschen, die sich für eine »Kirche von unten« engagieren? Geht es dabei um die »gefährliche Erinnerung« an das prophetische Zeugnis von ChristInnen im Widerstand gegen die Diktaturen der Vergangenheit und Gegenwart? Oder denken die Frauen dabei an ein völlig unhistorisches, magisches Verständnis einer »ununterbrochenen Kette von Handauflegungen«, womöglich mit mystischer »Kraftübertragung« quasi durch einen »göttlichen Kanal«. Diese auch am fundamentalistischen »rechten Rand« der Kirche verbreiteten Vorstellungen sind aber rückwärtsgewandt und stabilisieren eher das von kirchlichen Reformgruppen kritisierte Amtsverständnis der Kirche.
  • Warum wird überhaupt eine Einbindung in eine wie auch immer konstruierte »kirchliche« Hierarchie durch Verwendung eines »gültigen Bischof« unter sklavischer Beachtung »kanonischer« Ritualvorschriften gesucht, wenn ansonsten ein Verstoß gegen die kirchliche Ordnung für »not-wendig« erachtet wird?
  • Warum gibt es vor der Veranstaltung eine fast verschwörerische Geheimhaltung zum angeblichen »Schutz der Bischöfe und Weihekandidatinnen«, anschließend aber laut Ankündigung einen Film zu kaufen, auf dem dann doch alle Beteiligten zu identifizieren sind? Warum gibt es horrende Eintrittspreise für einen nichtöffentlichen Gottesdienst, statt durch Kollekten und Spendenaufrufe zur Kostendeckung beizutragen?
  • Warum ist keine Rücksichtnahme auf berechtigte Bedenken aus der Ökumene oder Anfragen innerkirchlichen Reformgruppen zu erkennen, sondern nur den Wunsch nach quasi »uneingeschränkter Solidarität« bzw. Vorwürfe, die Frauen »alleine zu lassen«? Warum wurden angebliche »Fehlinformationen« durch Medien oder Amtskirche nicht offensiv richtig gestellt, sondern häufig erst geleugnet und später zerknirscht bestätigt, z.B. eine »Bischofsweihe« in einer privaten »Dachkapelle« oder der Name des obskuren »Weihebischofs«?
  • Warum ist nichts von einer Abwägung zu spüren, ob möglicherweise kontraproduktive Wirkungen für Debatte um Frauenordination und Diakonat der Frau in Kauf genommen werden? Wo bleibt die von IKvu oder »Wir sind Kirche« sonst immer eingeforderte »Anerkennung ortskirchlicher Strukturen«?

Ich habe die Sorge, dass die Weihekandidatinnen sich gegen berechtigte Kritik immer mehr »selbstimmunisieren«. Die römische Amtskirche wird in ihrer widerwärtigen Tradition der Ausgrenzung diese Frauen, ungeachtet ihrer Charismen, ihrer Lebensgeschichte in und für diese Kirche, stigmatisieren, lächerlich machen und exkommunizieren. Andere, bislang vielleicht vorsichtigere Frauen werden abgeschreckt, ängstlich-abwartende Kirchenleute werden schweigen, das System »römischer Katholizismus« stabilisiert und perfektioniert sich, da die »Unruhestifterinnen« und »Querulantinnen« von nun an »draußen« sind. Das aber kann nicht im Sinne von Gruppen sein, die sich für eine gerechte Kirche und eine gerechte Welt engagieren!

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