»Einen neuen Aufbruch wagen« lautet das Leitwort für den 98. Deutschen Katholikentag, der vom 16. bis 20. Mai 2012 in Mannheim stattfinden wird. Das gab heute der Hauptausschuss des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) bekannt.
»Kirche und Gesellschaft stehen gleichermaßen an einem Wendepunkt. Ohne den tatkräftigen Willen zur Erneuerung werden wir weder die gegenwärtige Krise unserer Kirche überwinden, noch die gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen in unserem Land und in der globalisierten Welt bewältigen«,
unterstrich der Präsident des ZdK, Alois Glück, bei der Vorstellung des Leitwortes. Nur in einem offenen Dialog über die Probleme, die zur gegenwärtigen Krise in der katholischen Kirche geführt hätten und deren Ursachen weit tiefer lägen, als der durch sexuellen Missbrauch verursachte Skandal, könne der Glaubwürdigkeitsverlust der Kirche überwunden werden, unterstrich Glück. Dabei gehe es nicht in erster Linie um die Institution Kirche, sondern um den Glauben, den die Kirche den Menschen zu bringen habe. Um der Verkündigung des Glaubens willen müsse die Kirche zu Reformen bereit sein.
»Der Katholikentag in Mannheim soll ein Zeichen setzten, dass wir zu Reformen bereit sind und einen neuen Aufbruch wagen wollen«,
unterstrich der ZdK-Präsident:
»Wir wollen uns damit ausdrücklich in die Tradition des II. Vatikanischen Konzils stellen, dessen Beginn sich im Katholikentagsjahr zum 50. Mal jährt und das wie kein anderes Ereignis der jüngsten Kirchengeschichte für den Mut zu Erneuerung und Aufbruch in der katholischen Kirche steht. (…) Wir wollen diesen neuen Aufbruch im Geist Gottes wagen, ganz in der Tradition der zahlreichen Aufbrüche, von denen uns das Alte Testament berichtet, und nicht zuletzt im Vertrauen auf die Sendung des Heiligen Geistes, wie sie uns im Pfingstgeschehen versprochen ist.«
Nach der Lektüre der ZdK-Pressemeldung stellen sich einige Fragen:
- Was ist »neu« am »neuen Aufbruch«? Hat man von früheren (weniger erfolgreichen?) »Aufbrüchen« etwas gelernt?
- Welche Aufbrüche sind gemeint und können als Orientierungsmaßstab dienen? Das Zweite Vatikanische Konzil, die Würzburger Synode, das Dialog-Papier des ZdK, das KirchenVolksBegehren? Oder die »zahlreichen Aufbrüche, von denen uns das Alte Testament berichtet«, z.B. die Geschichte vom Exodus?
- Wer genau muss einen Aufbruch »wagen«? Für wen genau stellt der Aufbruch ein »Wagnis« dar?
- Gibt es neben den Vorteilen des Aufbruchs vielleicht auch Nachteile, z.B. für die bisherigen Nutznießer des status quo? Warum sollten diese Kräfte jetzt einen »neuen Aufbruch wagen«?
- Bei wem genau fehlt es bisher am »tatkräftigen Willen zur Erneuerung«? Wer hat »willige Erneuerer« bisher gebremst?
- Was genau stellt sich das ZdK unter einem »offenen Dialog« vor? Wird er »ergebnisoffen« geführt? Oder wird lediglich »einmal offen gesagt, was Sache ist«? Gibt es einen »Dialog« nur zwischen gleichberechtigten Partnern oder auch zwischen Herrschern und Beherrschten?
- Welche »Probleme, die zur gegenwärtigen Krise in der katholischen Kirche geführt« haben, und welche »tiefer liegenden Ursachen« sind bereits bekannt? Wer hat diese in der Vergangenheit bereits benannt, wer hat ihre Existenz bisher bestritten?
- Ist die Überwindung des »Glaubwürdigkeitsverlustes der Kirche« das eigentliche Ziel des Dialogs? Wird er so nicht verzweckt, damit sich die Kirche(nleitung?) wieder besser »verkaufen« kann (schließlich lässt man sich von McKinsey beraten)?
- Wenn »wir zu Reformen bereit sind und einen neuen Aufbruch wagen wollen«, warum soll dann erst der Katholikentag 2012 dafür »ein Zeichen setzen«? Gibt es dafür 2010 noch keine Anzeichen? Welche sind das? Etwa die »Dialog-Offensive« der Deutschen Bischofskonferenz?