Musste KNA-Chefredakteur bei kath.net öffentlich abschwören?

Von | 7. März 2013

Ein höchst interessanter Fall, der zeigt, dass das römisch-katholische System der »Kommunikationskontrolle als Heilsdienst« auch in der Zeit der Sedisvakanz des Heiligen Stuhls funktioniert, ist derzeit im Internet zu verfolgen. Am 25. Februar 2013 veröffentlichte Ludwig Ring-Eifel, Chefredakteur der »Katholischen Nachrichten-Agentur« (KNA) auf dem Internetportal katholisch.de einen Beitrag »Die Trauer der Rebellen«. Darin versuchte er sich in einer Medienanalyse der Berichterstattung über den Rücktritt von Papst Benedikt XVI.

Ring-Eifel schrieb u.a.:

Der angekündigte Rückzug des Papstes hat eine Vielzahl von Reaktionen in Staat, Kirchen und Gesellschaft ausgelöst. Besonders betroffen ist im deutschen Sprachraum eine Gruppe, die sich in ihren Überzeugungen durch das Ratzinger-Pontifikat von Anfang an bestätigt sah. Diese sehr gemischte Gruppe von Papstfans, Lebensschützern, Anhängern der alten lateinischen Messe, Kritikern der Kirchensteuer und Gegnern eines »kirchensteuerfinanzierten liberal-katholischen Establishments« bedauert den überraschenden Abgang »ihres« Papstes am lautesten – und blickt mit gemischten Gefühlen in die Zukunft. Einer ihrer prominentesten Vertreter ist Matthias Matussek, ultramontaner Vorzeige-Katholik der »Spiegel«-Redaktion und gern gesehener Talkshowgast. Weniger bekannt, aber für das Netzwerk enorm wichtig ist das in Österreich beheimatete Internetportal »kath.net« um Roland Noe und den Rom-Korrespondenten Arnim Schwibach. (…) Trotz mancher Meinungsunterschiede haben sich die Papstgetreuen des katholischen Journalismus in den vergangenen Jahren kreativ vernetzt und versucht, sich mit päpstlichem Rückenwind aus Rom und Unterstützung von Papstsekretär Georg Gänswein in die kirchenpolitische Debatte in Deutschland einzubringen. Der Mainstream katholischer Publizistik, der von eher unauffälligen kirchlichen Medienangestellten dominiert wird, hat zu den mitunter krawallig auftretenden Konservativen meist misstrauisch Distanz gehalten. Und die deutschen Bischöfe begegnen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, den hitzigen Idealisten mit kühler Nichtbeachtung. Mit dem deutschen Papst verlieren diese nun ihren wichtigsten Fürsprecher und Ideengeber.

Sein Beitrag war prominent platziert: »Katholisch.de ist das Internetportal der katholischen Kirche in Deutschland und ein Geschäftsbereich der Allgemeinen gemeinnützigen Programmgesellschaft mbH (APG) mit Sitz in Bonn. Die Redaktion arbeitet im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz.«

Am 28. Februar 2013 nahm das von Ring-Eifel angesprochene rechtskatholische Internetportal kath.net den Fehdehandschuh auf und veröffentlichte den Beitrag »KNA-Chef Ludwig Ring-Eifel lässt die Katze aus dem Sack«. Autor des Artikels ist Pater Engelbert Recktenwald FSSP, ein Mitglied der »St. Petrus-Bruderschaft«, der unierten Spielart des Lefebvrianismus. Er griff Ring-Eifel an:

Was tut man, wenn man den Papst kritisieren, aber gleichzeitig offene Kritik vermeiden will? Man führt einen Stellvertreterkrieg und pickt sich jene heraus, ‚die sich in ihren Überzeugungen durch das Ratzinger-Pontifikat von Anfang an bestätigt‘ sahen. Genau das tat nun der Chefredakteur der Katholischen Nachrichtenagentur KNA Ludwig Ring-Eifel auf dem offiziellen Internetportal der katholischen Kirche in Deutschland katholisch.de (Die Trauer der Rebellen). (…) Einer der Wenigen, die in der heißesten Phase des medialen Papstbashings öffentlich zum Papst standen, war z.B. Matthias Matussek, dessen Sache das feige Wegducken nicht ist, wie er einmal bekannte. Dass genau dies der KNA anscheinend ein Dorn im Auge ist, musste Matussek vor einem knappen Jahr bitter erfahren, als er in einem KNA-Bericht runtergemacht wurde (Kostprobe: »Warum Matussek für die Positionen des Papstes, gegen Frauen als Priester und für den Zölibat eintritt, blieb auch in Stuttgart [bei einer Diskussion mit Dietmar Mieth] letztlich unklar. Aber es ist auch egal«), was wiederum von Ring-Eifel umgehend im Sinne eines »Jetzt hab dich nicht so« dementiert wurde. Doch nun hat Ring-Eifel in seinem Rundumschlag, in dessen Verlauf er Matussek z.B. liebevoll einen ultramontanen Vorzeige-Katholik der »Spiegel«-Redaktion nennt, die Katze aus dem Sack gelassen.

Am folgenden Tag, 1. März 2013, legte Michael Schneider-Flagmeyer (Forum Deutscher Katholiken) bei kath.net nach und klagte in seinem Beitrag »Ludwig Ring-Eifel (KNA) und katholische papsttreue Publizisten«:

»Gesucht wird ein Brückenbauer, dem es gelingt, die kritischen Köpfe von rechts und links für die Kirche der Zukunft zu gewinnen.« Klingt gut, ist aber nicht gut gemeint. Als Brückenbauer war nämlich Ludwig Ring-Eifel, der Chef der Katholischen Nachrichten Argentur (KNA) in Rom im Januar in den Palazzo Cesi an der Piazza di San Pietro eingeladen worden. Dort treffen sich seit drei Jahren die »papsttreuen«, von keiner kirchlichen Alimentierung abhängigen Journalisten und Publizisten jährlich mit dem Sekretär des Papstes, Erzbischof Gänswein, zum Austausch in einer Runde, in der in diesem Jahr auch Kurt Kardinal Koch, der Ökumene-Minister des Papstes hinzukam. Das Vatican-Magazin, dessen Mitherausgeber der Verleger Bernhard Müller (fe-Verlag, PUR-Magazin) der Einladende war, berichtete in seiner Februar Nummer 2013 auf S. 36 über das Treffen und zählte die Teilnehmer namentlich auf und nannte die Gespräche »vertraulich aber erbaulich«. L. Ring-Eifel, der in seinen jungen Jahren für die Grünen im Stadtrat seiner Heimatstadt Trier saß, später aber sehr lange Redakteur und Rom-Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung war, wurde vertrauensvoll eingeladen, weil er als KNA-Chef sich oft »gemäßigt« gezeigt hatte und man von ihm einen Brückenbau erhoffte. (…) Jetzt, drei Tage vor dem Rücktritt Papst Benedikts XVI. ließ er völlig ungeniert die Maske fallen, und dankte den Gastgebern damit, dass er in zwei Artikeln, »die Trauer der Rebellen« auf der kirchenamtlichen Seite katholisch.de und in »Die vaterlose Gesellschaft« in der Zeit-Beilage »Rheinischer Merkur«, die einladenden und anwesenden Kollegen, die er unter anderem »die Papsttreuen der katholischen Publizistik« nennt, brüskiert. Und dann knöpfte er sich alle vor: die »papsttreuen katholischen Publizisten« vom »rechten Rand«, die ihn eingeladen hatten.

Der KNA-Chefredakteur sei zu fragen, »ob er das linke Publik-Forum mit seiner antikirchlichen gegen die Hierarchie gerichtete Stimmungsmache auch krawallig findet«, meinte Schneider-Flagmeyer und fällte dann ein vernichtendes Urteil über den undankbaren Gast:

Hier halluziniert doch etwas der Neid des kirchenamtlichen Nachrichtenchefs, der nicht wahrhaben will, dass seine Mainstreammedien kirchlicher Art der großen Anzahl der Katholiken relativ gleichgültig ist, während die »papsttreue katholische Publizistik« einen festen und stetig wachsenden Leserstamm hat, der diese Medien auch im Internet lesen kann, aber der natürlich nicht bei weitem die Mehrheit der Katholiken repräsentiert. Auch will er glauben machen, dass die deutschen Bischöfe bis auf ganz wenige Ausnahmen die »papsttreue katholische Publizistik« ignorieren. So ganz auf dem Laufenden ist Ring-Eifel hier nicht, sondern hier ist doch eher der Wunsch der Vater des Gedankens.

Zunächst nahm Ring-Eifel die Reaktionen sportlich (»Nun weiß ich endlich, wie sich Shitstorm anfühlt! Gute Bußübung dank der Prügel von wahrhaft katholischen Publizisten«); inzwischen scheint der Druck aber so groß zu sein, dass er sich offenbar genötigt sah, am 2. März 2013 eine bemerkenswerte »abiuratio« auf dem Portal von kath.net zu leisten. Ironischerweise wird dort sein Text (»Es war nie meine Absicht, Kollegen zu beleidigen«) als »Gastkommentar von Ludwig Ring-Eifel, Chefredakteur der KNA« bezeichnet. Dieser kann es sich offensichtlich nicht mehr erlauben, »misstrauisch Distanz« zu »krawallig auftretenden Konservativen« zu halten und sie mit »kühler Nichtbeachtung« zu behandeln, sondern beteuerte:

Wie ich Ihnen bereits damals schrieb, war es nie meine Absicht, Kollegen zu beleidigen, lächerlich zu machen oder zu attackieren, die an dem nun vielfach benannten Treffen in Rom teilgenommen haben. Die meisten der in meinem Artikel genannten Kollegen kenne ich schon lange, und beim Treffen in Rom habe ich nichts über Sie erfahren, was Eingang in meinen Artikel gefunden hätte. Ich wollte darin lediglich analysieren, welche Auswirkungen der Rücktritt von Papst Benedikt XVI. auf die katholische Publizistik in Deutschland hat. Mein Artikel beschreibt, dass diese Publizistik von einer gewissen Lagerbildung gekennzeichnet ist. Meine Ausgangsthese war: Die eher konservative (zugleich aber agile, kreative und bisweilen laute) Minderheit verliert mit Benedikt XVI. eine wichtige Stütze in ihrem Streit um die Meinungsführerschaft gegen die eher liberale (zugleich aber kirchensteuerfinanzierte und publizistisch unauffällige) Mehrheit. Ich habe an keiner Stelle Partei ergriffen für das eine oder das andere Lager, wenngleich ich zugegebenermaßen beide Seiten zugespitzt und mit einordnenden Attributen beschrieben habe. Ich habe erwähnt, dass kath.net weniger bekannt ist als der Spiegel. Ich habe von »rechts« und von »links« gesprochen. Ich habe daran erinnert, dass das »linkschristliche« Publik Forum mehr Abonnenten hat als das qualitativ hochwertige »Vatican magazin«.

Warum Ring-Eifel bei seiner Einordnung dann aber zwischen konservativer Minderheit und liberaler (»zugleich aber kirchensteuerfinanzierter«) Mehrheit unterscheidet und als Beispiele ausgerechnet kath.net und »das qualitativ hochwertige ‚Vatican magazin’« auf der einen Seite, den »Spiegel« und »das ‚linkschristliche‘ Publik Forum« auf der anderen Seite nennt, bleibt sein Geheimnis: Weder SPIEGEL noch Publik-Forum sind »kirchensteuerfinanziert« – im Gegensatz etwa zur Bistumspresse, katholisch.de oder der KNA.

Offenbar hielt es Ring-Eifel zum Schluss seines kath.net-»Gastkommentars« noch einmal für nötig, seine Linientreue zu bekennen:

Meine eigene Haltung zu Lehre und Amtsausübung von Benedikt XVI. (und übrigens auch zu seiner Wiederzulassung der alten lateinischen Messe) habe ich in zahlreichen Artikeln, Interviews und sonstigen Beiträgen öffentlich dargelegt. Die meisten davon kann man unter meinem Autorennamen auch heute noch im Internet nachlesen. Ich finde es schlimm, dass mir unterstellt wird, ich hätte Journalistenkollegen ausspioniert und denunziert. Aber noch mehr schmerzt es mich, dass ich nun auf den kath.net-Seiten als ein angeblicher Gegner von Papst Benedikt XVI. an den Pranger gestellt werde.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.