The same procedure as every year …

Von | 7. Januar 2011

So könnte man auch die Meldung kommentieren, die die Katholische Nachrichten-Agentur KNA unter dem falschen Datum »6.1.2010« verbreitet, demnach hat sich der Rottenburger Bischof Gebhard Fürst gestern (das war der 6.1.2011!) beim Neujahrsempfang seines Bistums »für Reformen in der katholischen Kirche ausgesprochen«.

Der Bischof sprach sich dafür aus, auch Fragen wie die nach der Stellung von Frauen in der katholischen Kirche anzugehen. Hier müssten »mutige Schritte« getan werden. Auch im Blick auf Geschiedene und Wiederverheiratete brauche es »barmherzigere Lösungen«, sagte er. (…) Viele Christen wünschten sich auch die Möglichkeit eines gemeinsamen Eucharistieempfangs für katholisch-evangelische Ehepaare.

Der liberale Kirchenfürst drückt sich – wie in diesen Kreisen üblich – äußerst vage und unverbindlich aus, wenn es um Reformen der römisch-katholischen Kirche geht, mitunter ganz konkrete Forderungen, die von kirchlichen Reformgruppen seit Jahren und Jahrzehnten erhoben werden. Nach der bischöflichen Ansprache bleiben jedenfalls offene Fragen:

a) Was meint Bischof Fürst konkret, wenn er sich dafür ausspricht, »auch Fragen wie die nach der Stellung von Frauen in der katholischen Kirche anzugehen«?

  • Gilt das Apostolische Schreiben »Ordinatio Sacerdotalis« von Papst Johannes Paul II. ab sofort nicht mehr, in der es ausdrücklich heißt, »daß die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und daß sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben«? Hat nach Ansicht von Bischof Fürst die römisch-katholische Kirche nun doch die Vollmacht, Frauen zu weihen? Oder müssen sich die Gläubigen ab sofort nicht mehr »endgültig« an die päpstliche Weisung halten?
  • Gelten das »Allgemeine Dekret in Bezug auf die Straftat der versuchten Ordination einer Frau« der Kongregation für die Glaubenslehre vom 19.12.2007 bzw. die aktuellen »Normae de gravioribus delictis« vom 15.7.2010, in der die »schwerwiegendere Straftat der versuchten Weihe einer Frau« mit der »dem Apostolischen Stuhl vorbehaltene(n) Exkommunikation als Tatstrafe« bedroht wird, ab sofort nicht mehr?
  • Welche »mutigen Schritte« können nach Ansicht von Bischof Fürst denn nun konkret gegangen werden? Dürfen sich römisch-katholische Gläubige bei solchen Aktionen »vorauseilenden Gehorsams« auf die bischöflichen Worte berufen?
  • Welche »mutigen Schritte« will Bischof Fürst denn nun selber gehen? Weiht er in diesem Jahr eine römisch-katholische Frau zur Diakonin oder zur Priesterin? Gilt in diesem Fall der can. 1024 CIC nicht mehr, in dem es heißt: »Die heilige Weihe empfängt gültig nur ein getaufter Mann«?

b) Was meint Bischof Fürst konkret, wenn er »im Blick auf Geschiedene und Wiederverheiratete (…) barmherzigere Lösungen« für erforderlich hält?

  • Widerspricht er damit ausdrücklich can. 915 CIC, in der es unmissverständlich heißt: »Zur heiligen Kommunion dürfen nicht zugelassen werden Exkommunizierte und Interdizierte nach Verhängung oder Feststellung der Strafe sowie andere, die hartnäckig in einer offenkundigen schweren Sünde verharren«?
  • Hat für Bischof Fürst die Erklärung des Päpstlichen Rats für die Gesetzestexte vom 24. Juni 2000, in der es heißt: »Jegliche Interpretation des can. 915, die seinem wesentlichen Inhalt widerspricht, wie er ununterbrochen vom Lehramt und der Disziplin der Kirche durch die Jahrhunderte erklärt wurde, ist eindeutig abwegig«, ab sofort keine Geltung mehr?
  • Gilt das »Schreiben an die Bischöfe der katholischen Kirche über den Kommunionempfang von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen« der Kongregation für die Glaubenslehre vom 14.9.1994 ab sofort nicht mehr, in dem eingeschärft wird: »Gläubige, die wie in der Ehe mit einer Person zusammenleben, die nicht ihre rechtmäßige Ehegattin oder ihr rechtmäßiger Ehegatte ist, dürfen nicht zur heiligen Kommunion hinzutreten«?

c) Und was ist von der Bemerkung von Bischof Fürst zu halten, »viele Christen wünschten sich auch die Möglichkeit eines gemeinsamen Eucharistieempfangs für katholisch-evangelische Ehepaare«?

  • Hält der Bischof diesen Wunsch (der nicht nur von kirchlichen Reformgruppen, sondern auch von Partnern aus der Ökumene wiederholt geäußert wird) für berechtigt?
  • Setzt er sich für die kirchenrechtliche Erlaubnis dieser bisher verbotenen Praxis ein?
  • Wird er die kirchenrechtlich vorgeschriebenen Sanktionen gegenüber Priestern seines Bistums nicht verhängen, wenn diese öffentlich erklären, auch nicht-römisch-katholischen Gläubigen die Eucharistie zu spenden?

Vermutlich werden wir nie konkrete Antworten auf solche Fragen bekommen, stattdessen heißt es wohl: »The same procedure as every year«! Das Ganze ist nur ein kirchenpolitisches Spielchen: Im Rahmen der für das Jahr 2011 groß angekündigten »Dialog-Offensive« der Deutschen Bischofskonferenz gibt Bischof Fürst wieder den »good cop«, damit die harte Realität der römischen Kirche für reformbewegte Katholiken etwas erträglicher scheint …

Ein Gedanke zu „The same procedure as every year …

  1. Cornelius Schmidt

    Warum soll es am 6. Januar bei diversen „Dreikönigstreffen“ verschiedenster Art nur aus dem Munde von Politik-Schaffenden leeres Wort-Geklingel geben. Da will sich doch auch so ein „liberaler“ Kirchenführer nicht lumpen lassen …

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